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Et in Arcadia ego II

Museum für Angewandte Kunst Frankfurt, "Der Souvenir" 2006
Kuratorin Anke Volkmer

Je komplizierter sich das Weltgeschehen in der unbefriedigenden Gegenwart gestaltet, desto eher sehnt sich der Mensch nach Unmittelbarkeit und ist geneigt, sich in gedankliche Gegenentwürfe zum Kanon der Alltäglichkeit zu flüchten. Dieser utopische locus amoenus erhielt einen Namen: Arkadien, seit Theokrit und Vergil besungen als ein goldenes Zeitalter, ein naturfernes Ideal der kreatürlichen Harmonie in Frieden und Bedürfnislosigkeit.

Die tragisch grundierte Sehnsucht nach einer glücklicheren Welt befiel bald der Wurm des Gedenkens der Vergänglichkeit alles Irdischen. Et in Arcadia Ego schrieb zu Anfang des 17. Jahrhunderts der italienische Maler Giovanni Francesco Guercino unter einen am Boden liegenden Totenschädel, den zwei junge Hirten ergriffen betrachten und in dem Gemälde von Nicolas Poussin, das auf Vergils 5. Ekloge anspielt, findet sich diese Aufschrift auf einem Steinsarg inmitten einer idyllischen Szene.

Simon Beers Et in Arcadia Ego setzt der obdachlosen Bukolik der Jetztzeit eine anarchisch provokante Gegenwelt entgegen. Beers eigensinnige Vision vom traumwandlerischen Befinden trägt in der Parodie des fortdauernden geheimen Sehnens nach ursprünglicher Naivität deutlich gebrochene Züge.

Angelockt durch Vogelstimmen und Wasserrauschen, gleitet man durch Stoffbahnen in den zum goldenen Tempel des memento mori apostrophierten Sarkophag, um sich in dessen paradiesischer Abgeschiedenheit auf rotem Teppich zur Rast niederzulassen. Jedoch anstatt der anmutigen Landschaft der Schäferidylle erlebt der zeitgenössische Heilsuchende in dieser chill out lounge bloß Instant-Feng Shui. Gelsenkirchenerbarockgerahmte, von elektrischen Walzen betriebene Leuchtkästen mit Motiven tropischer Wasserfälle und die meditativ murmelnde Tonkonserve erzeugen eine eigenartige Schwerelosigkeit.

Der Künstler erhebt diese Souvenirs eines Zustands der wunschlosen Seeligkeit, objets trouvés made in China, aus ihrem Dasein als triviale Alltagsgegenstände zur Würde von Kunstwerken. Diese Geste bleibt rätselhaft, wenn man nicht erkennt, dass für Beer das Wesen der Kunst gerade in der Sakralisierung und lustvollen Hinterfragung des gewöhnlichen Lebens besteht – getreu dem Motto: life is art enough – und die kommunikative Kooperation seine wichtigste Strategie bedeutet.

Innenansicht: Säule mit runder Sitzbank, 4 Ein- bzw. Ausgänge, Samtgewölbe

Detail 2 Wasserfallbilder übers Eck.

Detail Wasserfallbild 120x80cm.


Material:
8 rotierende Wasserfallbilder 120x80cm, Blattgold, roter Teppich, Samtbahnen, Samtvorhänge, Tonanlage (Vogelgezwitscher + Wasserfallrauschen)
Architektonische Bauten 8x8 Meter 4 Meter hoch, Metallletter vergoldet (ET IN ARCADIA EGO).